Was haben Frösche, Oktopus und Gewitterhexen mit einem Smartphone zu tun? Eigentlich nichts. Uneigentlich aber sind sie, im übertragenen Sinn gesprochen, gemeinsam beim diesjährigen Familienkonzert des Frankfurter Kinderliedermacherfestivals in der Nassauer Stadthalle aufgetreten.
Und das widmete sich einem pädagogisch hochbrisanten Thema: der bereits unter Kindern und Jugendlichen um sich greifenden Handysucht, die nicht nur zu abfallenden Leistungen in der Schule, sondern auch zu Bewegungsmangel, Desinteresse an anderen Aktivitäten und schlimmstenfalls sogar zu sozialem Rückzug und Vereinsamung führen kann.
Wobei bei der „Daddelpause“ am vergangenen Freitagnachmittag weit und breit kein erhobener Zeigefinger zu erkennen war: Sich dem Problem spielerisch statt belehrend annähern, nicht schimpfen, sondern sinn- und vor allem genussvolle Alternativen aufzeigen – so könnte man die Zielrichtung dieser pfiffigen, mit sichtlich viel Spaß an der Freude verbundenen Veranstaltung
umreißen. Oder wie Stadtbürgermeister Manuel Liguori in seiner Begrüßung unumwunden zugab:
„Ich bin selbst ein großer Daddler, der sehr häufig mit Handy und Tablet bewaffnet unterwegs ist.
Ferri und seine Kollegen werden uns heute aber zeigen, was man außer Daddeln sonst noch Schönes machen kann und dass man das Gerät auch mal bewusst zur Seite legen sollte, damit man das richtige Leben genießen kann.“
Moment mal, welcher Ferri? Ganz einfach: Das ist der – selbstverständlich von Kindern vergebene – Künstlername von Georg Feils. Er hat das Frankfurter Kinderliedermacherfestival, das in diesem Jahr an seinem Hauptsitz am Main die 21. und bei seiner Lahn-Dépendance in Singhofen und Nassau immerhin schon die achte Runde drehte, federführend ins Leben gerufen. Und was besagte Kollegen betrifft: Die wechseln von Jahr zu Jahr – und arbeiten ebenso wie Festivalleiter Feils mit den Kindern der Nassauer Freiherr-vom-Stein-Grundschule sowie der Erich-Kästner-Schule, Oanienschule und Grundschule „Am Windrad“ in Singhofen zwecks Talentförderung im Vorfeld des Konzerts eine Woche lang intensiv in Workshops. Diesmal waren es die „Liedergärtner“ Sabine Kästner und Stefan Deubler-Kästner aus Solms und ihr Kinderliedermacher-Kollege Toni Geiling aus
Halle, die sich engagierten, um beim Nachwuchs Freude am gemeinsamen Musizieren zu wecken.
Was ihnen unüberhörbar gut gelang: Schon bei der ersten Nummer, dem von Ferri eigens für das diesjährige Festival geschriebenen und von der gesamten Kinderliedermacher-All-Star-Band 2024 mit viel Verve performten Titelsong „Daddelpause“, der bereits etliche Spaß versprechende und dazu auch noch komplett analoge Möglichkeiten des Zeitvertreibs in den Ring warf, machten die Kinder in der bis auf den letzten Platz gefüllten guten Stube der Freiherr-vom-Stein-Stadt restlos begeistert mit. Und nicht nur sie: Als Erwachsener gelangweilt dabei sitzen und so lange auf dem Handy daddeln? Kam überhaupt nicht in die Tüte, dazu war es viel zu spannend, was da oben auf der Bühne abging.
Zum Beispiel dieser Song von Toni Geiling: „Der Angler“ hieß er und ließ nicht nur die eingangs erwähnten kleinen und größeren Frösche im Publikum ohrenbetäubend quaken, sondern erzählte auch, was man Aufregendes erleben kann, wenn man sich mal raus aus dem Bann von Smartphone und Co. und mittenhinein in die Natur begibt. Oder der „Octopus“ des Liedergärtner-Duos: Obwohl es darin um einen einzigen Tintenfisch ging, wedelten beim Refrain deutlich mehr als nur acht Arme durch die Sitzreihen.
Auch die instrumentale Begleitung hatte es in sich: Neben dem „Klassiker“ Gitarre kamen unter anderem Geige, Kontrabass, Akkordeon, Mundharmonika und Schlagzeug zum Einsatz. Und ein Instrument, mit dem wohl niemand gerechnet hatte: Bei den „Gewitterhexen“ packte Toni Geiling unter allgemeinem Rätselraten seine singende Säge aus. Die sphärisch anmutenden Töne, die er ihr entlockte, erinnerten in der Tat an ein Unwetter, das sich da gerade irgendwo am Horizont zusammenbraut.
Die tonArt-Kids waren allerdings schon eine Nummer vorher eingestiegen. Bereits zum zweiten Mal nach der Premiere im vergangenen Juni bereicherten die Nachwuchssänger des Nassauer Chors tonArt die Kultveranstaltung. Und das auf ganzer Linie: Die Singmäuse unter der Leitung von Monika Bär und der von Sabine Lucas „dirigierte“ Kinderchor sangen kräftig mit, untermalten die Liedinhalte mit einer kleinen Choreografie und fügten als versierte Lokalmatadore dem ohnehin schon beschwingten Spektakel eine weitere fröhliche Facette hinzu.
Ob es das Lied vom umherflatternden Schmetterling, vom Pech-oder-Glück-Haben im Leben oder von der komplett digitalfreien, flotten Bergwanderung war – das machte einfach Laune und riss mit.
Zum Schluss dann noch der bereits zur Tradition gewordene nachdenkliche Ausklang: Ferris längst zur Kinderliedermacherfestival-Hymne avancierte Song „Leise Töne, leise Lieder“ setzte einen poetischen, zu Stille und genauem Hinhören animierenden Schlusspunkt hinter dieses turbulente Familienmitmachkonzert. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir nächstes Jahr wiederkommen“, verriet der Festivalleiter, als es schließlich ans Abschiednehmen ging. Na, aber hoffentlich.